Albumrezension: „Bridges“ von Ilya Dynov
Der in New York ansässige Jazz-Schlagzeuger Ilya Dynov veröffentlichte am 16. April 2023 sein Debütalbum Bridges. Auf dem Album sind Alex Norris an der Trompete, Jihee Heo am Klavier, Lonnie Plaxico am Bass und Ilya Dynov am Schlagzeug zu hören. Ilya Dynov erweist sich als herausragender Anwärter in der Jazzszene. Das Album vereint verschiedene Jazzstile und bringt Tradition und Virtuosität mit kreativer Freiheit in Einklang. Somit zeigt es eine ausgereifte Harmonie und ausdrucksstarke Kreativität.
„Bridges“ besteht ausschließlich aus Dynovs Originalkompositionen und bietet eine Reihe von Weltklassetalenten aus New York. Neben Dynov am Schlagzeug sind der legendäre Bassist Lonnie Plaxico, der außergewöhnliche Trompeter Alex Norris und der außergewöhnliche Pianist Jihee Heo dabei. „Bridges“ besteht aus neun Titeln: vier in Klaviertrio-Besetzung, drei als Quartett mit Trompete und zwei geschmackvolle Schlagzeugsoli als „Intro“- und „Finale“-Statements.
In puncto Komposition und Darstellung übertrifft das Album die typischen Erwartungen einer von Schlagzeugern geführten Band. Es vereint harmonisch anspruchsvolle Stücke mit überzeugenden Melodien, die mit Integrität und Respekt vor der amerikanischen Jazztradition zum Leben erweckt werden. Dynovs hervorragende Schlagzeugtechnik ist gepaart mit einer tiefen Verbindung zu den harmonischen und melodischen Beiträgen seiner Bandkollegen. Das Ergebnis ist eine Erkundung eines zeitgenössischen Geschmacks, der gleichzeitig die Musik der Vorfahren respektiert.
Die Platte besteht aus einer breiten Palette überzeugender Stücke. Die „Intro“-Aussage fesselt den Zuhörer sofort und spiegelt Dynovs Fachwissen wider. Ein spannendes Schlagzeugsolo schwankt zwischen intensiven Crescendos und Decrescendos und fesselt den Hörer vor Vorfreude. Der kurze, irgendwie mysteriöse Intro-Track verspricht ein einzigartiges Album, dem man folgen kann. Der raue Klang der Trommel und die interessante Komposition ermutigen das Publikum, sich den nächsten Titel anzuhören.
Der erste „offizielle“ Song des Albums, „Constellation“, beginnt mit einer überzeugenden, rohen Basis, die dann zu einer aufregenden, sanften Jazzmelodie führt. Eine fesselnde Trompete leitet das Bass-, Schlagzeug- und Klavierensemble. „Constellation“ verkörpert weitgehend, worum es beim Jazz wirklich geht – das Anhören des Liedes war so, als würde man einem spannenden Gespräch lauschen, in das man sich völlig vertiefen kann. Jedes Instrument hat seine eigene Stimme und einzigartige Rolle innerhalb des Liedes, und doch Sie alle arbeiten zusammen, um eine zusammenhängende Melodie zu erzeugen. Das Lied verebbt und fließt und führt den Hörer durch schnelle und langsame Abschnitte. Durch Rhythmus-, Ton- und Stilwechsel war „Constellation“ äußerst fesselnd und verkörperte die instrumentale Konversation, die Jazz ausmacht.
„Drum and Berries“, der zweite Titel der Platte, präsentierte eine sanftere, langsamere Melodie als die vorherigen Titel. „Drum and Berries“ war kein intensiver Streit zwischen den Instrumenten, sondern ein Beispiel für ein fließendes, zusammenhängendes Gespräch. Der Titel beginnt mit einem sanften Klavier, begleitet von Bass und Schlagzeug. Während des gesamten langsamen Jazzstücks navigierte das Klavier gekonnt durch die Zwänge eines Ensembles, spielte aus dem Bass und verkörperte gleichzeitig einen klassischen Jazzklang. In der Mitte des Liedes übernimmt der Bass die Melodie und spielt die vom Klavier in der ersten Hälfte vorgegebene Melodie. Es folgt ein aufregendes, rohes Schlagzeugsolo, das als Erinnerung an den Intro-Track dient.
Bemerkenswert an dem Album ist, dass jeder Song völlig einzigartig ist und eine eigene Persönlichkeit hat. Nach den ersten drei Titeln spielt „For Those We Love“ einen klassischeren Jazz-Sound als die anderen Songs. Ein Trompetensolo fesselt den Zuhörer bereits in den ersten Takten des Liedes und führt bald zu einer klassischen Jazzmelodie. Der Ton der Trompete, begleitet von einer gut abgestimmten Kombination aus Klavier und Schlagzeug, erzeugt eine düstere, fast romantische Energie. Im Gegensatz zu früheren Titeln rückt die Trompete mit überwältigenden Noten und Rhythmen in den Vordergrund. Vielmehr bestechen die einfachen Noten und Melodien durch ihre Einfachheit und Rohheit.
„For Those We Love“ scheint durch die Trompete eine Geschichte zu erzählen – die Stimmung veränderte sich im Laufe des Liedes und verkörperte manchmal eine düstere Erzählung, manchmal präsentiert sie sich hell und optimistisch. Wie bei den vorherigen Stücken übernahmen die Instrumente des Ensembles jeweils die musikalische Konversation in zeitgenössischer Jazz-Manier.
Ein Thema, das sich durch das gesamte Album zog, war das fesselnde und dramatische Schlagzeugsolo. Der fünfte Titel „Blue“ setzte die spannenden Schlagzeugsoli aus dem Intro und „Drum and Berries“ fort. Nach einem äußerst spannenden, allmählichen Crescendo entstand ein wunderbar beunruhigendes, fesselndes und rohes Schlagzeugsolo. Durch dramatische Crescendos und Decrescendos präsentierten die Trommeln eine zeitgemäße Mischung aller möglichen Klänge, die zusammenwirkten. Der Song selbst schien zu verebben und zu fließen, aufzutauchen und wieder zu verschmelzen und sich im Laufe des Tracks zu verändern. Das Schlagzeug wurde immer schwungvoller, was schließlich zu einem kantigen Stück mit einer beschwingten Melodie führte, die vom Klavier geleitet wurde. „Blue“ ging in eine schnelle, fesselnde und helle Klaviermelodie über, wobei die zweite Hälfte des Liedes völlig anders war als die Einleitung.
Ein weiteres Highlight des Albums ist „68th Street“, ein Song, der weitgehend an klassischen Jazz erinnert. Das Lied emuliert durch seine abgerundete, blühende Melodie eine wunderschöne Ballade. Das Klavier schien eine Geschichte über die Liebe zu vermitteln. Der Bass und das Klavier fungieren während des gesamten Liedes beide als Solisten und vermitteln wirkungsvoll eine ruhige, wunderschöne Melodie, in die man sich einfach verlieben kann.
Insgesamt ist „Bridges“ ein äußerst vielseitiges Album, das alles Wunderbare am Jazz verkörpert. Jeder Song ist für sich genommen überzeugend und das Album in seiner Gesamtheit stellt eine wertvolle Ergänzung zur Welt des Jazz dar.